Ein Freitagabend auf der Hamburger Reeperbahn, kurz vor zehn, an den Fassaden ein Lichtermeer. Die ersten Jugendlichen mit dunklen Sonnenbrillen treiben in Richtung Rave, auf der Imbissbude Lucullus tanzen leuchtende Neonwürstchen. Drei Frauen in Schwarz gehen die Straße entlang, auf ihren Rücken steht "Promille Polente". Die Ränder ihrer Mützen blinken alarmblau.

Überall in Deutschland gehen nachts die Lichter aus, am Kölner Dom, an der Reichstagskuppel, am Hamburger Rathaus. Laut der Energieeinsparverordnung der Bundesregierung sollen Werbeanlagen von 22 Uhr bis 6 Uhr am Folgetag ausgeschaltet werden, um "unnötigen Energieverbrauch" zu reduzieren. Die Verordnung gilt bereits seit dem 1. Oktober, die Reeperbahn aber wird auch in dieser Nacht nicht im Dunkeln liegen. Die Fassaden blinken weiter, denn der Kiez, so die stille Vereinbarung, muss leuchten, trotz Energiekrise. Warum ist das so?